28 Mär 2024 Donnerstag
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YOU ARE HERE: Feuer Not-Türöffnung

Not-Türöffnung PDF Drucken E-Mail


Einleitung 

Das Einsatzspektrum der Berufs- und freiwilligen Feuerwehren hat sich in den letzten 15 Jahren  stark gewandelt. Zahlreiche Einflüsse, wie zum Beispiel der Bevölkerungsrückgang oder der Rückbau von leerstehenden Industrieanlagen, haben die Anzahl von Mittel- und Großbränden auf ein geringes Niveau reduziert. Klein- und Kleinstbrände werden durch automatische Brandmeldeanlagen und private Rauchmelder schnell detektiert, bevor diese sich in bedrohlicher Weise ausbreiten können. Auch die Feuerwehren tragen zu dieser rückläufigen Tendenz bei. Brandschutzaufklärungen für Kinder und Erwachsene führen zu einem immer besseren und effektiveren Sicherheitsverhalten der Bevölkerung. Umfassende Aus- und Fortbildungen sowie hochwertige Ausrüstungen versetzen die Einsatzkräfte der Feuerwehren in die Lage, schnell und effizient kleinere Brände zu bekämpfen, bevor diese sich ausbreiten können. Trotz der immer geringeren Anzahl von Bränden nimmt das Einsatzaufkommen von Feuerwehren kontinuierlich zu. Die Statistiken der letzten 25 Jahre legen dar, dass die Gesamteinsatzzahlen seit 1990 bis in die Gegenwart stark angestiegen sind. 

einsatzentwicklunggesamt
Gesamteinsätze Feuerwehr Halle (Saale) von 1990 - 2015

Das steigende Einsatzaufkommen ist durch das immer breitere Aufgabenspektrum einer Feuerwehr begründet. Zahlreiche neue und spezielle Aufgaben werden im Rahmen der technischen Hilfeleistung abgearbeitet und sorgen für steigende Einsatzzahlen der Berufs- und freiwilligen Feuerwehren in den Städten und Kommunen. Eine dieser besonderen Einsatzaufgaben ist die sogenannte „Not-Türöffnung“. Bei Einsätzen dieser Art kommt es oft zum direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, die entweder direkt betroffen sind oder die Einsatzmaßnahmen zufällig beobachten. Dabei kommt es zu Fragen, die vor Ort nicht immer in ausreichender Form beantwortet werden können. Weiterhin können Bürgerinnen und Bürger mit einfachen Vorkehrungen  Situationen vermeiden, die unnötigerweise derartige Einsätze auslösen, die nicht selten zu einem hohen Sachschaden an Türen oder Fenster führen. 

Was sind Not-Türöffnungen?

Unter diesem Einsatzstichwort „Not-Türöffnung“ werden alle Einsätze geführt, in deren Rahmen Personen oder Tiere gefährdet sind, die sich in verschlossenen Räumen, Wohnungen oder Gebäuden aufhalten und sich aus eigener Kraft nicht aus ihrer Zwangslage befreien können. In vielen Situationen geraten vor allem ältere Menschen in Gefahr, wenn diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind ihre verschlossenen Wohnungstüren für Angehörige oder für den angeforderten Rettungsdienst zu öffnen. In diesen Fällen muss die Wohnungs- oder Haustür so schnell wie möglich geöffnet werden, um eine ärztliche Notversorgung sicherstellen zu können. Auch undeutliche „Hilferufe“, plötzlich abgebrochene Telefonate, bedenkliche Watsapp - oder SMS Nachrichten können Auslöser für mögliche Not-Türöffnungen werden. Die Ursachen für diese Art von Einsätzen sind vielfältig und nehmen ständig zu, was in der Statistik verdeutlicht wird. 


entwicklung
Entwicklung Not-Türöffnungen

 1.     Not-Türöffnung – Warum drei Einsatzfahrzeuge?

Bei einer entsprechenden Anforderung durch die Polizei, des Rettungsdienstes oder beim Einlaufen eines Notrufes, wird durch die diensthabenden Disponenten des Einsatzleitzentrums der Rüstzug Not-Türöffnung des jeweiligen Ausrückbereiches alarmiert.

Der Rüstzug Not-Türöffnung besteht aus:

Kommandowagen

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Drehleiter

Frontalansicht 

Hilfeleistungslöschfahrzeug 2

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Diese  Einsatzfahrzeuge bilden eine taktische Einheit und sind auf Grund ihrer Besatzung und feuerwehrtechnischen Beladung speziell für eine Not-Türöffnung zusammengestellt. Da eine Alarmierung zur Not-Türöffnung nur dann ausgeführt wird, wenn ein begründeter Verdacht auf die Gefährdung von Leben besteht, wird immer die gesamte Einheit alarmiert, um am Einsatzort so schnell wie möglich handeln zu können. Das Entsenden von einzelnen Fahrzeugen kann unter Umständen wertvolle Zeit kosten, wenn z.B. eine Drehleiter nachgefordert werden muss, weil ein Zutritt nur über ein Fenster möglich ist.

2.     Not-Türöffnung – Welche Aufgaben haben die Einsatzkräfte?

Kommandowagen (Kdw)

Der Einsatzleiter, der auf dem Kommandowagen (Kdw) voraus fährt, hat folgende Aufgaben:

-          Festlegung der Fahrtstrecke

-          Fahrzeugaufstellung am Einsatzort

-          Lageerkundung und Beurteilung der vorliegende Einsatzsituation

-          Zusammenarbeit mit Polizei, Rettungsdienst, Gebäudeeigentümer u.s.w.

-          Rechtliche Beurteilung einer möglichen Not-Türöffnung

-          Erteilung des Einsatzauftrages an den Gruppenführer des Hilfeleistungslöschfahrzeuges

-          Mögliche Nachforderungen von Kräften und Mitteln

Fahrer des KdW

-          Kommunikation mit dem Einsatzleitzentrum

-          Übermittlung von Lagemeldungen

Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF)

Gruppenführer

-          verantwortlich für die Absicherung der Einsatzstelle

-          weist einzelne Aufgaben an Einsatzkräfte an

-          legt technische Ausführung der Einsatzmaßnahmen fest

-          überwacht die technischen Ausführungen der Einsatzmaßnahmen

-          übermittelt Lagemeldung an den Einsatzleiter

Einsatzkräfte (4)

-          führen technische Arbeiten aus

-          führen bei Bedarf Rettungsmaßnahmen aus ( z.B. in Stellungbringen des Sprungretters)

-          kontrollieren truppweise geöffnete Wohnungen und Bereiche

-          führen Erstversorgung bei aufgefundenen Personen durch

-          unterstützen Rettungsdienst bei Versorgung und Transport von Personen

Drehleiter (DLK)

Gruppenführer

-          protokolliert den Einsatzablauf

-          legt die Fahrzeugaufstellung der Drehleiter beim Anleitern fest

-          steht zur besonderen Verfügung

Maschinist DLK

-          bedient bei Bedarf die Drehleiter

-          steht zur besonderen Verfügung

3.     Not-Türöffnung Ja oder Nein ?

Grundsätzlich ist der Wohnraum ein besonders geschütztes Rechtsgut. Unaufgefordert dürfen Einsatzkräfte der Feuerwehr diesen nur betreten, wenn eine besondere Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen oder Tieren bzw. eine besonders hohe Gefahr für Sachwerte besteht. Auch Zuständigkeiten sind genau geregelt. Die Feuerwehr kann nur tätig werden, wenn die Einsatzmaßnahmen in ihrem Aufgabengebiet liegen und rechtlich abgesichert sind (z.B. Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz Sachsen-Anhalt). Der Einsatzleiter muss alle vorliegenden Informationen so schnell wie möglich aufnehmen und werten. Dabei muss der Einsatzleiter die möglichen Gefahren erkennen und diese den Rechtseingriffen gegenüber stellen. Zur Beurteilung der rechtlichen Situationen können auch weitere Behörden einbezogen werden, sofern diese in einem gewissen Zeitrahmen zur Verfügung stehen. Auf der Grundlage der ermittelten Ergebnisse sowie einer definierten  Verhältnismäßigkeit, trifft der Einsatzleiter der Feuerwehr eine Entscheidung, die er in einem Einsatzauftrag an den Gruppenführer übermittelt.

Nicht immer sind die vorgefundenen Situationen, der Tür-Notöffnungen eindeutig. In vielen Einsätzen ist eine sogenannte „Gefahr im Verzug“ von den Einsatzleitern nicht eindeutig erkennbar. Oft werden von Nachbarn oder von Angehörigen Personen in verschlossenen Wohnungen vermutet, weil diese seit Tagen nicht gesehen worden oder telefonisch nicht erreichbar sind. Auch Pflegedienste wählen oft den Notruf, wenn ihnen zu den vereinbarten Zeiten die Türen nicht geöffnet werden. In diesen Situationen müssen die Vollzugsbeamten der Feuerwehr viele Informationen zusammentragen, um eine rechtskonforme Entscheidung treffen zu können. Wenn trotz aller Recherche nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich möglichweise eine hilfebedürftige Person in einer verschlossenen Wohnung aufhält, muss sich der Einsatzleiter für eine Türöffnung entscheiden. Oft genug sind dann die vermissten Personen nicht in ihren Wohnungen oder Häusern anzutreffen, weil sie z.B. Einkaufen oder verreist sind.  Diese Fälle sind insbesondere für die Betroffenen ärgerlich, da unter Umständen Türen oder Fenster beschädigt sind.

4. Not-Türöffnungen – Wie und Wo?

Wenn der Einsatzleiter zu einem Entschluss gekommen ist, dass eine Not-Türöffnung durchgeführt werden muss, gibt er dem Gruppenführer den Einsatzauftrag, einen gefahrlosen Zugang für die Einsatzkräfte der Polizei und des Rettungsdienstes  in die Wohnung oder in das Haus sicherzustellen. In der Regel sind zwei Varianten möglich. Der Hauptzugangsbereich für die Rettungskräfte ist die Wohnungs- bzw. Haustür. Mit speziellen Werkzeugen und viel Erfahrung gelingt es den Einsatzkräften im günstigsten Fall eine Wohnungstür in wenigen Sekunden zu öffnen. Leider kommt es durch technische Besonderheiten oder spezielle Sicherheitseinrichtungen oft zu einer zeitlichen Verzögerungen einer Türöffnung. Unter Umständen können mehrere Minuten bis zu einer dreiviertel  Stunden vergehen, ehe es gelingt eine Tür zerstörungsfrei zu öffnen. In diesem Fall entscheidet der Einsatzleiter, ob eine zeitliche Verzögerung hinnehmbar ist oder nicht. Wenn ein sofortiges Eindringen notwendig ist, (z.B. abruptes Abbrechen von Hilferufen) weist der Einsatzleiter ein gewaltsames Öffnen der Tür an. In diesem Fall werden mit hydraulischen Hilfsmitteln die Türen gewaltsam aufgebrochen, was diese in der Regel komplett zerstört.

Zugang über Fenster

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Erfahrene Einsatzleiter und Gruppenführer können in der Regel einschätzen, ob Wohnungstüren und ihre Schlösser über einen hohen Sicherheitsstandard verfügen oder nicht. Wenn technische Schwierigkeiten beim Öffnen einer Tür vermutet werden, kann sich der Einsatzleiter entschließen, einen Zugang über ein Fenster anzuweisen. Unter Umständen ist diese Variante schneller und der entstehende Sachschaden geringer. Über die Drehleiter werden Fenster bis in die 9. Etage erreicht. Angekippte Fenster können mit einem Werkzeugsystem entriegelt werden und lassen sich ohne Schaden öffnen. Ist das Fenster verschlossen, wird dieses mit Spezialwerkzeugen aufgedrückt oder  eine Scheibe zerstört, um einen Zugang zu ermöglichen.

5. Tür-Notöffnung – Wie wird eine Kontrolle der Wohnbereiche durchgeführt?

Wenn ein Zugang über eine Tür oder ein Fenster geschaffen wurde, kontrollieren Beamte der Polizei, alle Bereiche des Hauses oder der Wohnung auf die vermutlich hilflose Person. Beim Auffinden wird diese dem Rettungsdienst übergeben. Wenn keine Polizeibeamten zur Verfügung stehen, kontrollieren Einsatzkräfte der Feuerwehr die geöffneten Wohnungen. Dabei gehen die Beamten der Feuerwehr stets truppweise (2-Mann‑Regel) im Wohnraum vor, um eine gegenseitige Aufsicht zu gewährleisten. Der Wohn- oder Aufenthaltsbereich wird systematisch kontrolliert. Jeder Raum, vom Keller bis zum Dachboden, muss abgesucht werden. Nur so kann eine hilflose Person aufgefunden werden bzw. kann sich der Einsatzleiter sicher sein, dass keine Person Hilfe benötigt. Je nach Umständen müssen auch maßgebliche „Verstecke“ (z.B Kleiderschränke oder Betten) kontrolliert werden, wenn z.B. Kinder vermisst oder psychische Erkrankungen von Personen vermutet werden. Die Kontrolle der Wohnbereiche wird so sorgsam wie möglich vorgenommen, um Schäden zu vermeiden. Vorgefundene Situationen unterliegen grundsätzlich der Schweigepflicht. Es werden keine Dokumentationen über private Wohnbereiche erarbeitet oder aufgenommen. Sobald sicher ist, dass sich keine oder keine weiteren hilflosen Personen in den betroffenen Bereichen befinden, werden diese sofort verlassen.

6. Tür-Notöffnung – Wie werden kontrollierte Wohnungen im Anschluss gesichert?

Die anschließende Sicherung des kontrollierten Wohnraumes liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Polizei. Diese stellen sicher, dass kein Unbefugter die geöffnete Wohnung betritt. Wenn der Mieter der Wohnung oder ein Angehöriger vor Ort sind, müssen diese eine geeignete Firma beauftragen, die notwendigen Sicherungsmaßnahmen auszuführen. Auch der Eigentümer kann bei  Bedarf beauftragt werden, geeignete Maßnahmen einzuleiten. Falls keine Mieter oder Eigentümer ermittelbar sind, kann die Polizei eine Ersatzvornahme einleiten. Die auflaufenden Kosten werden dann dem Eigentümer in Rechnung gestellt. Auch die Feuerwehr kann als letzte Instanz eine Türsicherung vornehmen, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht durchführbar sind.

7. Tür-Notöffnung – Wie können unnötige Einsätze vermieden werden?

Eine Notöffnung von Türen ist in den meisten Fällen mit einem Sachschaden verbunden. Diese sind nebensächlich, wenn Personen in Gefahr sind. Ärgerlich ist es jedoch, wenn in vermeidbaren Situationen Sachschaden entsteht, der zu Lasten von Mietern, Eigentümern oder Versicherungen ersetzt werden muss. Eine Vielzahl von Tür-Notöffnungen können vermieden werden, wenn nach Möglichkeiten und Vertrauen Informationen über geplante Krankenhausaufenthalte oder spontane Reisen an Pflegedienste, Angehörige oder Nachbarn gegeben werden. Jeder sollte im Einzelnen prüfen, welche Informationskette ihm zur Verfügung steht.

 

 
SICHERHEIT - RUND UM DIE UHR